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"Wir stehen an der Seite der Ukraine."

Autorenbild: Helmer KraneHelmer Krane

Folgenden Antrag habe ich im Namen des Landesvorstands der FDP Schleswig-Holstein auf dem Landesparteitag der am 13. März 2022 eingebracht. Er wurde einstimmig beschlossen:


"Wir verurteilen den unprovozierten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, für den Wladimir Putin die Verantwortung trägt. Begleitet von einer Lügenkampagne will die russische Regierung mit Gewalt Grenzen in Europa verschieben. Im Kern geht es ihr dabei um die Bekämpfung von Freiheit und Demokratie. Die FDP Schleswig-Holstein steht fest an der Seite der Ukraine.


Traurig und fassungslos sehen wir, dass in der Ukraine bereits mehrere tausende Menschen durch die Kampfhandlungen gestorben sind. Wir sehen, dass unter den Opfern nicht nur Soldatinnen und Soldaten sind, sondern auch viele Zivilisten: Frauen, Männer und Kinder. Wir erhalten fundierte Berichte dazu, dass Russland die von den Vereinten Nationen geächtete Streumunition verwendet und gezielt zivile Ziele wie Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser angreift. Wir sehen die Bilder der Folgen, etwa aus der bombardierten Stadt Charkiw, von den Menschen, die versuchen zu fliehen und die Bilder von Menschen, die bleiben, um ihre Heimat zu verteidigen. Wir sehen die Skrupellosigkeit mit der Putin diesen Krieg führt, wie etwa den Beschuss des Atomkraftwerkes Saporischschja. Und wir sehen, wie Putin mit immer neuen Kriegsverbrechen droht, wie zuletzt dem Einsatz von Biowaffen. Gerade weil wir all das sehen, wollen wir unsere Trauer und Fassungslosigkeit zu Entschlossenheit machen.


Entschlossen stehen wir für ein Schleswig-Holstein, das den Ukrainerinnen und Ukrainern Schutz bietet. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks sind bisher rund 2,6 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern in andere Länder geflüchtet. In der Landesregierung arbeiten wir für die schnelle Sicherstellung der Aufnahmekapazitäten. Dazu gehören nicht nur die Unterbringung, sondern auch die notwendige Betreuung zur Verarbeitung des Erlebten, Sprachangebote und Zugang zum Arbeitsmarkt. Wir wollen, dass Kinder Kitas und Schulen besuchen können. Die dafür notwendigen Kapazitäten müssen schnell bereitgestellt werden. Die breite gesellschaftliche Hilfsbereitschaft ist dabei eine große Unterstützung. Um die Betreuung und den Unterricht sicherzustellen, sollten auch Lehramtsstudierende um Unterstützung gebeten werden. Ebenso sollte der Einsatz geflüchteter Ukrainer und Ukrainerinnen mit entsprechender Qualifikation ermöglicht werden. Wir wollen zusammen mit Betrieben, Berufsschulen und Hochschulen nach Möglichkeiten suchen, damit geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer, die sich in der Ukraine in der Berufsausbildung befanden, ihren Weg hier fortsetzen können. Wir wollen, dass diese Menschen in Schleswig-Holstein Perspektiven finden, die Putin ihnen nehmen wollte.


Wir danken allen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern, die in den letzten Tagen den Menschen in und aus der Ukraine geholfen haben. Die Sammelaktionen für Hilfsgüter, die selbst organisierten Transporte, die Aufnahme von Flüchtlingen und die Spenden: All das ist das Engagement einer freien Gesellschaft, die nicht wegschaut. Das ist Auftrag für unsere politische Arbeit. In diesem Sinne drücken wir auch unsere Anerkennung für die Menschen in der Bevölkerung Russlands aus, die unter Inkaufnahme harter persönlicher Konsequenzen, diesen Krieg verurteilen.


Wir rufen die Weltgemeinschaft dazu auf, alles Notwendige zu tun, um auch den Menschen zu helfen, die erst mittelbar Opfer dieses verbrecherischen Krieges werden. Durch die zum Beispiel ausfallenden Getreidelieferungen aus der Ukraine wird die Lebensmittelversorgung für einige Staaten Afrikas gefährdet, wie etwa in Kenia. Wir bitten die Europäische Kommission und die Bundesregierung darum, hier internationale Hilfe sicherzustellen. Zudem muss schnell und wo immer vertretbar die Ausweitung von Agrarflächen erfolgen.


Dieser völkerrechtswidrige Angriff ist nicht nur ein Angriff auf den souveränen Staat Ukraine. Es ist ein Angriff auf die Ukrainerinnen und Ukrainer, auf Menschen, die zu unseren Werten streben. Es ist ein Angriff auf den Frieden und die Freiheit in Europa, es ist ein Angriff auch auf uns. Putins Verbrechen lässt die Freiheits- und Friedensversprechen, für die die NATO und die Europäische Union stehen, aufleuchten. Insofern hat Russland sich bisher verspekuliert. Wir unterstützen die harten Sanktionen der Europäischen Union und weiterer verbündeter Staaten und auch die Lieferung von Waffen an die Ukraine, einschließlich der Panzer- und Flugabwehrwaffen aus Deutschland, damit sich die tapferen Menschen dort besser gegen die russische Übermacht verteidigen können.


Neben der schnellen Aufnahme von Kriegsflüchtlingen muss dieser Angriffskrieg weitere unmittelbare Folgen für die Politik in Schleswig-Holstein haben:


  1. Schleswig-Holstein muss seinen Beitrag zu einer Sicherheitspolitik auf der Höhe der Zeit leisten: Dazu gehört unter anderem eine bessere Abwehrfähigkeit gegenüber Cyberangriffen, etwa im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der kritischen Infrastruktur oder auch der Privatwirtschaft. In diesem Zusammenhang wollen wir auch unter anderem den Katastrophenschutz entsprechend der neuen geopolitischen Lage aufstellen und Vorkehrungen für z.B. den Ausfall kritischer Infrastruktur treffen. Die Cyberabwehr der Landespolizei und unser Verfassungsschutz müssen weiter gestärkt werden. Insbesondere wollen wir gemeinsam mit dem Bund Russlands Einmischungen in demokratische Wahlen entschlossen entgegentreten. Als Land zahlreicher Bundeswehrstandorte und Wehrtechnikunternehmen unterstützen wir die Ampel-Koalition zudem bei der Stärkung der äußeren Sicherheit mittels des Sondervermögens in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Eine Diskussion über eine überstürzte Wiedereinsetzung der Wehrpflicht wird der Herausforderung und den davon betroffenen jungen Erwachsenen nicht gerecht. Die Bundeswehr braucht vor allem eine angemessene moderne Ausstattung und ausreichend, professionalisierte Spezialisten, um ihren Auftrag erfüllen zu können. Die Bundeswehr muss als NATO-Mitglied in die Lage versetzt werden, ihre Verantwortung für die Bündnis- und Landesverteidigung wahrnehmen zu können. Dabei wollen wir die europäische Integration auch in der Verteidigungspolitik vorantreiben mit dem Ziel einer europäischen Armee als Teil und zur Stärkung der NATO.

  2. Wir wollen kurz- und langfristig unabhängig werden von Rohstoffen und insbesondere Gas aus Russland, ohne die Versorgungssicherheit zu vernachlässigen: Neben dem mit Nachdruck zu verfolgenden Ausbau der erneuerbaren Energien begrüßen und unterstützen wir deshalb den von uns lang geforderten Bau des Flüssiggas(LNG)-Terminals in Brunsbüttel. Dieser wird Gasimporte aus anderen Ländern erleichtern und soll auch für Wasserstoff nutzbar sein. Der Bund sollte sich finanziell an dem Projekt beteiligen und eine schnelle Planung und Realisierung ermöglichen. Zudem sind wir offen für eine befristete Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke, einschließlich des vor Kurzem stillgelegten Atomkraftwerks Brokdorf, ohne das Ziel des Atomausstiegs damit in Frage zu stellen. Es sollte auch geprüft werden, inwieweit wir vorübergehend fossile Rohstoffe im eigenen Land verstärkt fördern können, z.B. im Ölfeld Mittelplate in der Nordsee. Wenn wir gegenüber Russland für unsere Werte einstehen wollen, dann müssen wir unsere Haltung auch mit tatsächlicher Politik unterlegen. Diesen Einsatz erwarten wir auch von unseren Koalitionspartnern.

  3. Die Auswirkungen des Krieges auf die Lebenshaltungskosten, insbesondere im Bereich der Energie und der Lebensmittel, bereiten uns große Sorge: Wir setzen uns dafür ein, vor allem finanziell schwache Menschen in Schleswig-Holstein vor diesen Folgen des Krieges zu schützen. Die steigenden Preise treffen aber auch die Mittelschicht. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang das beschlossene Ende der EEG-Umlage, die Erhöhung der Pendlerpauschale und weitere Steuererleichterungen. Wir bitten die Bundesregierung, zu prüfen, welche weiteren Entlastungen sinnvoll und zeitnah möglich sind. Ebenso müssen notwendige Hilfen für Unternehmen schnell auf den Weg gebracht werden. In diesem Zusammenhang erwarten wir einen schnellen Abschluss der aktuell zwischen der Europäischen Kommission und Mitgliedstaaten erfolgende Abstimmung über einen Befristeten Krisenrahmen, um z.B. die Folgen von steigenden Gas- und Elektrizitätspreisen für Unternehmen abzufedern.

  4. Freiheit und Demokratie in Deutschland und Europa haben nicht nur äußere Feinde, sondern auch innere: Die engen Verbindungen von rechten und linken Parteien und Organisationen nach Russland sind offensichtlich und müssen genauer von den zuständigen Sicherheitsbehörden beobachtet werden. Frieden, Freiheit und Demokratie sind alles andere als selbstverständlich und müssen immer wieder aufs Neue verteidigt werden. Aus diesem Grund dürfen AfD und auch die Partei „Die Linke“ in Deutschland keine Regierungsverantwortung übernehmen. Dies muss unter den staatstragenden Parteien wieder Konsens werden.

  5. Wertegebundene Kooperation wird in den nächsten Jahren eine neue Bedeutung erlangen, auch für Schleswig-Holstein: Wo Putin sog. „Sicherheitsgarantien“ von Schweden und Finnland fordert und unsere baltischen Nachbarn eine besonders zunehmende Sorge vor russischen Aggressionen haben, bekennen wir uns mit Nachdruck zur Ostseekooperation und zum Zusammenhalt. Zudem wollen wir Kommunen dazu ermutigen, ihre Städtepartnerschaften auch zum Dialog über Werte und Menschenrechte zu nutzen.

  6. Gesellschaftlicher Zusammenhalt muss jeden Tag von jedem einzelnen Menschen gelebt werden. In diesem Sinne stellen wir uns gegen jede Spaltung und Anfeindung von Menschen mit russischen Wurzeln, die bei uns leben und für diesen Angriffskrieg keine Verantwortung tragen.


Frieden bleibt unser Ziel. Nur im Frieden sind Menschen frei. Wer mit Gewalt Leid über Millionen von Menschen bringt und das Völkerrecht bricht, kann kein Partner für uns sein. Russland muss die Kampfhandlungen umgehend einstellen und sich aus der Ukraine zurückziehen."





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